Herr Ho bringt mich zum Weinen

Bei der zweiten Sitzung (Liegung vielmehr) war Herr Ho weitaus gesprächiger. Fragen stellte er nach wie vor keine. Er meinte, mein Körper wäre noch sehr schwach, vor allem die Nieren, und dass hier die richtige Ernährung ganz wichtig sei. Außerdem seien meine Nervenbahnen sehr blockiert, weshalb es für ihn schwierig sei, Energie hineinzubekommen. 

„Nicht so viel Denken, fröhlich sein! Viel Lachen und Kämpfen!“ Traurig sein verschließt die Nervenbahnen, erklärte er mir. Krebs hieße nicht, dass man früh sterben muss, und in China sei es den Ärzten deshalb ausdrücklich verboten, zeitliche Prognosen zu stellen. Die richtige schulmedizinische (westliche) medikamentöse Behandlung kombiniert mit Ernährungsumstellung, positivem Denken und seiner TCM-Behandlung können helfen, auch mit Krebs sehr lange zu leben.

Dann kam wieder die Folter mit den Elektroden, bzw. mit Akupressur. Letztere im Nackenbereich war äußerst schmerzhaft und meine Arme zuckten bei jedem Druck – der sich wie ein Schlag anfühlte – bis in die Fingerspitzen. „Wenn Nacken locker ist, hört das Zucken auf!“ meinte er. Ja, leicht gesagt! 

Als er fertig war mit der Behandlung spürte ich Tränen in mir hochkommen und ich musste einfach losweinen. Es war ein erleichterndes Weinen. Vielleicht weil der Schmerz nachließ, aber ich glaube vielmehr, dass ich so berührt war, dass er diese tiefe Traurigkeit in mir erkannt hat, und etwas davon bei dieser Behandlung entwichen ist.  Jedenfalls fühle mich seither sehr erleichtert und wieder voll Energie. 

Zu Hause dann griff ich nach einem Büchlein, in dem ich Lieblingszitate mit Fotografien gesammelt habe. Es ist schon Jahrzehnte alt, aber heute bekam es wieder neue Aktualität.

 

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